Deutscher Frühförderpreis
Sehr geehrte Damen und Herren,
als Teil der Jury habe ich heute die Ehre, das Gewinnerprojekt des Deutschen Frühförderpreises 2025 zu würdigen.
Stellen Sie sich Folgendes vor:
Ein offenes und niedrigschwelliges Angebot für ganze Familien, mit einer Frühförderung die quasi sofort beginnt! Klingt das nicht fantastisch?
Man könnte das Gewinnerprojekt – was ich während meiner Jury-Tätigkeit gelernt habe – aber auch wie folgt beschreiben:
Wenn Frühförderung gut funktioniert, dann sieht das für Außenstehend häufig so aus: Es treffen sich einige Personen, trinken gemeinsam Café und die Kinder spielen.
Das Café Ludwig hat seit dem Start im Jahr 2022 schon viele positive Erfahrungen gesammelt. Es bietet Eltern und ihren Kindern eine wertvolle und frühe Unterstützung und hat sich als erstes und zeitnahes Angebot in der Frühförderstelle Offenbach etabliert.
Die Aussagen der Eltern sprechen für sich und beschreiben die Wirkung des Projekts besser, als eine Laudatio es jemals könnte. Daher möchte ich mit einigen Zitaten die Menschen, um die es geht – die Eltern und Familien – zu Wort kommen lassen:
Es tut gut, andere Kinder zu sehen, die ähnlich sind wie mein Kind.
Wie Sie sehen, können sich Familien hier vernetzen.
Es ist das erste Mal, dass ich sitzen und einen Kaffee trinken und mich unterhalten kann ohne mich ständig nach meinem Kind umzusehen.
Ich denke, ich muss nicht erklären, was das für die betroffenen Familien bedeutet, sich zumindest kurze Zeit nicht um das Kind kümmern zu müssen.
Hier schaut mich niemand schräg an und kommentiert das Verhalten meines Kindes negativ.
Das Projekt bietet hierbei einen geschützten Raum.
Ich wusste gar nicht, dass mein Kind so lange mit einer Sache spielen kann.
Die Eltern nehmen auch etwas mit, was ihnen im Idealfall auch die Betreuung erleichtert.
Auch, wenn ich immer noch keinen Kita-Platz habe, ist es gut zu sehen, dass ich damit nicht ganz alleine bin.
Auch hier sehen wir, dass eine Vernetzung und der Austausch positiv wirken.
Dieser Ort ist für mich ein Stück Inklusion.
Ich denke, diese Aussage spricht für sich.
Was passiert dort aber konkret?
Das Café Ludwig steht Eltern gleich nach der Antragstellung und einer Anmeldung zur Verfügung und bietet ihnen die Möglichkeit, sich einmal wöchentlich in Begleitung ihrer Kinder in einem geschützten Rahmen auszutauschen und erste Kontakte zu knüpfen. Die Treffen mit Eltern und Kindern werden von zwei Pädagoginnen begleitet, die für fachliche Fragen zur Verfügung stehen und zudem auch Spiel- und Bastelideen anbieten.
Die Anmeldung erfolgt von Termin zu Termin, und das Café wird mittlerweile dreimal wöchentlich für je 90 Minuten angeboten. Es hat sich somit von einem bloßen „Wartelisten-Angebot“ zu einem ernsthaften ersten Modul der Frühförderung entwickelt.
Die Bedeutung einer schnellen Unterstützung und Begleitung bei festgestellten Entwicklungsverzögerungen ist – wie Sie alle wissen – enorm. Das Sprichwort „Doppelt gibt, wer schnell gibt“ beschreibt dies treffend. Mehr noch: Durch den frühen Einsatz kann die anschließende Frühförderung optimiert und effizienter gestaltet werden.
Die Wartezeit nach einer Antragstellung oder auf einer Warteliste wird damit sinnvoll genutzt, indem sowohl Kinder als auch Eltern schnell und wirkungsvoll gefördert und unterstützt werden.
Das Projekt leistet aber auch mehr:
Ein gewisser Teil der Teilnehmenden war mit den Informationen und Hilfestellung aus den Sitzungen des Café Ludwig schon derart zufrieden, dass sogar Anträge auf Frühförderung zurückgenommen werden konnten.
Nun komme ich zu zentralen Erwägungen bei der Bewertung:
Das Konzept des Café Ludwig ist vor allem andernorts mit relativ wenig Aufwand umsetzbar, was eine starke Breitenwirkung über die lokale Ebene hinaus ermöglicht.
Es leistet zudem einen wertvollen Beitrag zur sozialen Integration von Eltern, die die regulären Angebote der Kinder- und Jugendhilfe nur zögerlich in Anspruch nehmen und schließt durch die Einbeziehung der Eltern zudem den Kreis zu den frühen Hilfen.
Das Café Ludwig arbeitet nämlich familienorientiert:
Die ganze Familie ist dort willkommen. Der Beziehungsaufbau im Dreieck Kind-Familie-Fachkraft ist – wie Sie alle wissen – für die bestmögliche Begleitung und den Erfolg der Förderung des Kindes von großer Bedeutung.
Das Projekt lebt damit die Grundprinzipien der Frühförderung, wie Teilhabe-, Lebenswelt- und Familienorientierung, Ganzheitlichkeit, Interdisziplinarität und Kultursensibilität. Es hat das Potential, als weiterer Baustein des Konzepts eines niedrigschwelligen Beratungsangebots in Frühförderstellen flächendeckend etabliert zu werden.
Auch wenn ich heute für die Jury spreche, möchte ich betonen, dass vorgenannten Prinzipien, insbesondere der niedrigschwellige Zugang und zeitnahe Leistungsbeginn Umstände sind, die auch dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales am Herzen liegen. Daher freue ich mich heute ganz besonders, dass wir ein solches Leuchtturmprojekt auszeichnen dürfen.
Mithin möchte ich mit einem ganz großen Dankeschön abschließen. Der Dank geht an alle Menschen, die das Café Ludwig ermöglichen, die sich mit viel Herzblut und Engagement dafür einsetzen, dass das Wort Inklusion mit Leben gefüllt wird.
Daher meine Damen und Herren – schließen wir die Laudatio mit einem kräftigen Applaus für die Gewinner*innen des diesjährigen Förderpreises: Das Café Ludwig!
Wojciech Plewinski, LL.M. (Stockholm)
Referent, Va3
– Allgemeines und trägerübergreifendes Recht der Rehabilitation und Teilhabe –
Wilhelmstraße 49, 10117 Berlin