Gesetzliche Grundlagen
Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (BTHG) als Artikelgesetz wurde gleichzeitig das SGB IX reformiert.
Ausgangspunkt dafür war die UN-BRK, die die gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen am Leben in der Gemeinschaft fordert und das bio-psycho-soziale Modell der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) als Grundlage dafür beschreibt.
Von zentraler Bedeutung für die Interdisziplinären Frühförderstellen (IFFS) und Sozialpädiatrischen Zentren (SPZs) ist die Verbindung der §§ 42, 46 (Früherkennung und Frühförderung) mit § 79 (Heilpädagogische Leistungen) SGB IX / BTHG sowie die Neufassung der Frühförderungsverordnung (FrühV) in Artikel 23 des BTHG, was den Willen des Gesetzgebers aufzeigt, medizinisch-therapeutische, heilpädagogisch-psychologische sowie auch weitere psychosoziale und sonderpädagogische Leistungen als Komplexleistung in IFFS und SPZs zusammenzuführen.
Damit verbunden greifen die Regelungen aus dem SGB V (§§ 43a, 113) und dem SGB VIII (§§ 27, 35a). Im Sinne des Gesetzgebers erfolgt die rechtliche Zusammenführung über das SGB IX Teil 1 für eine interdisziplinäre Leistungserbringung und „Finanzierung wie aus einer Hand“.
Das SGB IX Teil 1 findet für die Rehabilitationsträger der Eingliederungshilfe, der Jugendhilfe und der Krankenkassenverbände gleichermaßen Anwendung.
Bedeutsam für den Bereich der interdisziplinären Frühförderung sind darüber hinaus der § 1 Satz 2 SGB IX / BTHG, weil darin festgeschrieben ist, dass den besonderen Bedürfnissen von Kindern mit (drohender) Behinderung Rechnung zu tragen ist und der § 4 (1) SGB IX / BTHG, in dem Leistungen zur Teilhabe so definiert werden, dass sie unabhängig von der Ursache der (drohenden) Behinderung diese abwenden, beseitigen, mindern, ihre Verschlimmerung verhüten oder ihre Folgen mildern und damit die persönliche Entwicklung ganzheitlich fördern. Damit sind wesentliche Aspekte der Frühförderung genannt.
„Die Erbringung von medizinisch-therapeutischen Leistungen im Rahmen der Komplexleistung Frühförderung richtet sich grundsätzlich nicht nach den Vorgaben der Heilmittelrichtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses. Medizinisch-therapeutische Leistungen werden im Rahmen der Komplexleistung Frühförderung nach Maßgabe und auf der Grundlage des Förder- und Behandlungsplans erbracht.“ (§ 5 FrühV, Artikel 23 SGB IX / BTHG).
Das bio-psycho-soziale Modell der ICF der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bietet eine neue Definition von Behinderung. Diese wurde über den § 2 Abs. 1 „Behinderungsbegriff“ gesetzlich definiert. Passend dazu findet sich im Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) §7 – Begriffsbestimmungen Abs. (2) die Benennung der Zielgruppe: „…Kinder, Jugendliche, junge Volljährige und junge Menschen mit Behinderungen im Sinne dieses Buches sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können…“
Damit wird auf das bio-psycho-soziale Modell der ICF verwiesen und deutlich, dass der umfassende Einbezug des Kindes und der Eltern in die interdisziplinäre Förder- und Behandlungsplanung unabdingbar ist, denn die (drohende) Behinderung wird erst in der erlebten Teilhabeeinschränkung deutlich. Dies entspricht auch den Zielen des SGB IX / BTHG und des KJSG: Selbstbestimmung sowie volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe.
Entsprechende Regelungen zur Umsetzung der Komplexleistung Frühförderung werden in der Landesrahmenvereinbarung des jeweiligen Bundeslandes präzisiert.